Von Gunter Dueck gibt es gerade wieder ein paar Denkimpulse zum Thema Lehre, die ich gerne aufgreife. Auf seiner Website denkt er unter der Überschrift „Heilige-hehre Prinzipien schlechter Lehre an der Uni“ darüber nach, von welchen Prinzipien ProfessorInnen wohl (unbewusst) bei der inhaltlichen Gestaltung ihrer Lehre geleitet werden. Darunter zu finden sind
- Abstraktion, wo sie (noch) nicht angebracht sei,
- Überfrachtung, weil ja irgendwie „alles“ wichtig sei und dazugehöre oder
- Was statt Wieso – das Anwenden von Grundlagenwerkzeugen wird gepaukt, aber der Sinn dahinter und der Gesamtzusammenhang blieben auf der Strecke.
Was denkt ihr darüber? Wen erkennt ihr wieder? Ertappt ihr euch auch selbst?
Herr Dueck schildert aber auch, dass sich nicht unbedingt etwas ändert, wenn man es als Lehrender selbst besser versucht. Studentinnen und Studenten scheinen durch den Alltag im Hörsaal [sic] schon darauf getrimmt zu sein, einfach brav alles mitzuschreiben und später die Aufzeichnungen auswendig zu lernen, statt mitzudenken und zu verstehen. Das habe ich auch bereits mit Schmerzen beobachtet und vor einer Weile hier im Blog festgehalten. Bei Herrn Dueck heißt es dazu am Ende seines Beitrags:
Wenn die allgemeine Kultur der Lehre so ist, wie sie ist, hat auch ein Kulturbruch keine Chance.
Wie seht ihr das?
Schließlich gibt es einen kurzen Vortrag von Herrn Dueck, den der Stifterverband als Video veröffentlicht hat. Er greift darin das auf, was er 2011 in seinem Buch Professionelle Intelligenz geschrieben hat – dass Menschen künftig mehr und andere Dinge können müssten als das, was bisher in Schulen und Universitäten berücksichtigt wird. Wer sich mit diesen Thesen bereits beschäftigt hat, wird nichts Neues entdecken, aber alle anderen bekommen vielleicht etwas zum Nachdenken.
Was nehmt ihr aus dem Vortrag mit?
Das erinnert mich alles an die „Frontal ist für alle einfacher“-Aussage einer Weiterbildungsteilnehmerin. Wie und warum diese Aussage richtig ist, hatte ich im Rahmen des SOOC hier verblogt: http://anjalorenz.wordpress.com/2013/06/02/frontal-ist-fur-alle-einfacher-aber-ist-es-auch-besser/
Als kurze Zusammenfassung: Die ungewohnten Aktivitäten abseits der frontalen Vorlesung waren für Dozenten und Studierende anstrengende. Keiner konnte eine Kursraumtür hinter sich schließen. Aber ist das besser?
Ich weiß es weiterhin nicht. Vielleicht kommt man mit Evolution besser voran als mit einer Revolution der Lehrveranstaltungen. Wiederholungsfragen per Classroom-Response-App funktionierte nach ein paar Übungen ganz gut. Übungen, die eine Vorbereitung der Studierenden als Voraussetzung haben, werden wohl eher scheitern (und dennoch werden wir es in einem kleinem Flipped-Classroom-Projekt versuchen).
Ganz eindeutig ist es, wenn die Studierenden von selbst sagen: Hey, dieser neue Ansatz gefällt mir richtig gut und das von den Lehrenden nahezu einfordern. Aber was ist mit den Lehrveranstaltungen, bei denen man erst hinterher sagt: Boah, das war voll anstrengend, aber eigentlich haben wir richtig was gelernt? Muss man da erst ein paar Studierendengenerationen „durchstehen“, ehe es sich rumgesprochen hat?
Danke für denke Gedanken!
Besser, schlechter… Weder noch?
Überraschend „eindeutig“ war es dann bei mir jedenfalls, als ich LdL in einem Seminar genutzt habe. Ich habe aber keine Ahnung, ob das zu einer anderen Erwartungshaltung gegenüber anderen Lehrenden geführt hat, geschweige denn zur Kundgabe derselben.
Zu deiner letzten Frage lautet meine persönliche Antwort: Ja! Genau so lief es in meinem Unternehmensplanspiel Planen ohne Nebenwirkungen, das bei uns als Alternative zum „klassischen Seminar“ (Hausarbeit schreiben, Vortragsblockveranstaltung durchstehen) angeboten wurde. Nach Aussagen der Studis war das Planspiel relativ zum Seminar aufwendiger; gefühlt absolut auch, aber bei der nachträglichen Selbsteinschätzung zu aufgewendeten Stunden kam nie jemand auf das, was den vergebenen Credit Points entsprochen hätte. Trotzdem wurde es schließlich so gut angenommen, dass ich zum Schluss zwei Kurse parallel hatte. Den Wirkungskreis auf die gesamte Unikultur würde ich dennoch als sehr beschränkt einschätzen.