Heute hatte ich die Gelegenheit, mich kurz mit einem mir unbekannten Studierenden zu unterhalten. Es ging um das Thema Lehre, die er vorwiegend frontal-rezeptiv gewohnt ist. Ich fragte ihn, was er sich als Alternative wünschen würde, doch dazu fiel ihm keine Antwort ein. Über das Thema Video gelangten wir schließlich zu der Frage, ob es nicht komisch sei, dass sich viele Menschen an einem Ort versammeln – nur um dann zuzuhören und mitzuschreiben. Er schien mir zuzustimmen, sagte dann aber bloß: „Uni is‘ halt so.“ Diese Antwort beschäftigt mich.
Warum beschäftigt Dich das? In welche Richtung gehen Deine Gedanken?
Was würdest Du Dir als Student von einem Dozenten für die Vorlesung wünschen, wenn Du plötzlich die Freiheit hättest, überhaupt Deine Meinung zu sagen und Du die Konsequenzen Deiner Äußerungen nicht abschätzen könntest? Das muss doch für diesen Menschen sehr verwirrend gewesen sein, oder nicht?
Mal als Ergänzung vorweg, falls es da ein Missverständnis gab: Ich war nicht der Lehrende, denn leider habe ich gar keine Lehrveranstaltungen mit Studierenden mehr.
Warum beschäftigt mich das? Auch wenn ich weiß, dass dies eine Stichprobe mit Umfang von 1 war, betrübt mich die offenbarte Resignation. „Is‘ halt so, nehme ich hin.“ Ich bin damals als Studi auch nicht auf die Barrikaden gegangen und habe auch nicht für bessere Veranstaltungen protestiert – ich bin einfach gar nicht mehr zur Uni gegangen.
Was mich dann auch noch beschäftigt, ob ich nicht auch Workshops für Studierende konzipieren und anbieten sollte, in denen endlich mal ihre Ansichten zu guter Lehre gehört werden und in denen ihr eigener Horizont mit Blick auf das Mögliche erweitert wird. Damit sie mal wissen, dass Uni halt nicht so sein muss. Und da schließen sich dann zig Folgeüberlegungen an.
Irgendwie kann ich Dir immer noch nicht folgen: Nach zwölf oder 13 Jahren Schulerfahrung und einem oder ein paar mehr Semestern Vorlesungen an der Uni → wo soll denn da der Glaube an die Möglichkeit einer Veränderung herkommen? Vom Willen ganz zu schweigen.
Tja, dann machst Du einen Workshop oder mehrere – und dann? Wahrscheinlich kommt Ihr zu schönen Ergebnissen, dürft oder könnt sie aus vielleicht sogar nachvollziehbaren Gründen nicht umsetzen – und dann? Damit ist der Frust doch schon vorprogrammiert, oder?
Und exakt das war eine der Folgeüberlegungen, von denen ich gesprochen habe.
Unser Lehrstuhl versucht eine andere Lehre zu machen – und trotzdem auch hochwertig zu forschen. Alles in Allem ist dies aber sehr aufwändig.
Zitate unserer Studis: „Mega-aufwendig, Ihre Veranstaltung – aber endlich haben wir etwas gelernt, was wir auch später brauchen können!“ oder „Eigentlich gehe ich ja kaum mehr zu Vorlesungen – die Folien kann ich auch alleine daheim lesen. Aber ich muss sagen, zu Ihnen komme ich gerne, das ist anders, da muss ich mitdenken und mitmachen…“
Ob es sich langfristig „lohnt“, als einziger Lehrstuhl so etwas zu machen, weiß ich nicht – es geht aber eindeutig über unser Selbstverständnis, uns nur vorne hinzustellen und die Leute in den Schlaf zu reden.
Und ja, es ist eine Herausforderung, komplexe und abstrakte Inhalte so aufzuarbeiten, dass sie ein Student versteht – aber das ist auch eine spannende Herausforderung. Und manchmal merkt man dabei auch, dass man selbst dieses Thema nicht vollständig durchdrungen hat – denn sonst wäre es einfacher zu erklären.
Ich kann auch mit positivem Feedback aufwarten, etwa zu meinem Einsatz von LdL in Seminaren. Es war auch mein eigener Anspruch, das trotz des Aufwands „richtig“ zu machen.