Tabus an der Uni – Was es WiMis schwierig macht, gut zu lehren

An der TU Braunschweig existiert seit vergangenem Jahr das Projekt teach4TU, in dem ich Ansprechpartner für die Basisqualifizierung bin. Wir unterstützen speziell wissenschaftliche MitarbeiterInnen dabei, ihre Lehre zu verbessern. Inzwischen hat der 2. Durchgang unser Programm absolviert. Für diesen Anlass wurden am vergangenen Dienstag nicht nur feierlich Zertifikate überreicht, wir haben auch noch ein bisschen gearbeitet. An vier Stationen beschäftigten sich unsere AbsolventInnen in kleineren Gruppen nacheinander mit unterschiedlichen Themen. Eines davon lautete „Tabus an der Uni – Was es uns schwierig macht, gut zu lehren“.

Was haben wir gemacht?

Tabus an der Uni - was es uns schwierig macht, gut zu lehren

Tabus an der Uni – was es uns schwierig macht, gut zu lehren

Hintergrund ist folgender: Wissenschaftliche MitarbeiterInnen haben keine Lobby. Ihre Situation ist mitunter extrem schwierig: 50-Prozent-Stellen, die wie volle Stellen gehandhabt werden, schlechte Betreuung der Doktorarbeit, usw. Jeder weiß das, niemand spricht darüber. Ein Tabu zumindest für wissenschaftliche MitarbeiterInnen. Die Auswirkungen spüren wir jedenfalls auch in der Basisqualifizierun. In Kollegialen Beratungen werden die problematischen Rahmenbedingungen oft angesprochen (halt unter Gleichgestellten), in Workshops bekommen wir immer wieder zu hören: „Cool, was ihr uns beibringt, aber wir können das aus diesen oder jenen Gründen gar nicht umsetzen.“ Das frustriert auch uns.

Wir haben uns daher beschlossen, uns zunächst einen groben Überblick darüber zu verschaffen, wo es aus Sicht unserer TeilnehmerInnen hakt. Das Ergebnis sind die rechts zu sehenden Mind-Maps. Entstanden sind sie unabhängig voneinander in zwei Runden von jeweils etwa 45 Minuten. Ich habe die Diskussionen der TeilnehmerInnen lediglich moderiert und schriftlich festgehalten. Steuerung war nötig, da schnell und teils hitzig allgemeine Probleme angesprochen wurden, die sich aber nicht unbedingt direkt auf die eigene Lehre auswirkten („Was es uns schwierig macht, gut zu lehren„).

Was kam dabei heraus?

Genannt wurde beispielsweise fehlender Wissenstransfer. Wissenschaftliche MitarbeiterInnen kämen neu an einen Lehrstuhl und erfänden das Rad ständig neu, weil inhaltliches und methodische Wissen über Lehre weder in personalisierter noch in kodifizierter Form weitergegeben wird – Ein Fall für unser Teilprojekt Co-Teaching? Wissensmanagement als Thema in unserem Prof.-Programm? Besonders markant waren aber zwei Bereiche, die auch in beiden Runden diskutiert wurden:

  • Zu enge Vorgaben durch Vorgesetzte: Das in der Basisqualifizierung Gelernte könne oft nicht umgesetzt werden, weil oft sowohl Inhalte wie auch die Struktur der Veranstaltung und das Vorgehen kleinteilig vorgeschrieben würden. In einem besonders schweren Fall bestände von Seiten des Professors nicht einmal die Bereitschaft, über Lehre überhaupt zu diskutieren. Zurückgeführt wurde dies auf den Stellenwert, den die Lehre neben der Forschung einnähme („Lehre ist eine Nebenbeschäftigung.“). Darüber hinaus wurden „Hierarchie-Kompetenz-Konflikte“ gefühlt. Unsere TeilnehmerInnen sähen durch ihre Teilnahme an der Basisqualifizierung und die aktive Beschäftigung mit der Lehre einen Wissensvorsprung auf ihrer Seite, den sie jedoch aus ihrer Position nicht ausspielen könnten.
  • Mangelnde Eigenständigkeit von Studierenden: In der Wahrnehmung unserer TeilnehmerInnen nehmen Studierende oft eine extreme KonsumentInnen-Haltung ein. Es fehle Ihnen an Leistungsbereitschaft und es sei völlig unklar, bei wem die Motivation über „für den Schein“ hinausginge. Die fehlende Eigenständigkeit mache es extrem schwierig, Lehre zu gestalten. Interessant ist dieser Punkt, weil wir bei Lehrbesuchen oft andere Eindrücke gewinnen und ich in meiner eigenen Lehrstuhlzeit auch gegenteilige Erfahrungen gemacht habe. Die Studierenden sind durchaus engagiert, wenn wir dabei sind. Das könnte einerseits an einer unterschiedlichen Wahrnehmung liegen. Vielleicht bereiten sich unsere TeilnehmerInnen aber auch besonders gut auf ihre Veranstaltungen vor, wenn wir bei ihnen vorbeischauen, so dass die Termine dann besser gelingen und „motivierender“ sind.

Wir werden dazu im nächsten Jahr noch etwas in die Tiefe gehen. Aber uns interessieren natürlich auch Erfahrungen anderer wissenschaftlicher MitarbeiterInnen in der Lehre: Was macht es euch schwierig, gut zu lehren? Und warum spricht „man“ nicht darüber? Schreibt’s uns (anonym) in die Kommentare!

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