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Schaubildschaden

Alle Welt glaubt, bei Vorträgen PowerPoint oder ähnliche Software nutzen zu müssen, auch sehr viele Lehrende. Die Werkzeuge sind per se erst einmal nichts Schlechtes. Ich habe aber auch bereits etwas dazu geschrieben, wie die Ergebnisse leider oft aussehen. Lehrende nutzen bei Vorträgen Schaubilder eher als Notizzettel für sich selbst oder in Form von Folienumenten als schlechten Ersatz für einen echten Text. Die Konzentration der Zuhörenden richtet sich unweigerlich an die Wand, aber nicht auf die sprechende Person. Für eine gelungene Unterstützung eines Vortrags halte ich das nicht und empfehle zu dem Thema die Lektüre der Bücher von Garr Reynolds oder Nancy Duarte. Die gehen aber auf das Thema Lehren nur am Rande ein? Das gilt doch nicht für den Hörsaal? Dann widmen wir unsere Aufmerksamkeit einfach einer Studie von Christof Wecker.

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Herr Wecker hat unter anderem untersucht, wie viele der vorgestellten Inhalte nach einem Vortrag behalten werden. Den Referenzpunkt bilden Vorträge ohne jegliche Schaubilder als Begleitung. Verglichen werden sie jeweils mit Vorträgen, die durch „übliche“ Schaubilder oder „prägnante“ Schaubilder angereichert werden. Für beide Folientypen sind in der Studie auch Beispiele abgebildet. Unter den üblichen erkennt man schnell solche, auf die man in der Regel trifft. Als prägnant wird ein Schaubild bezeichnet, auf dem wirklich nur vier Schlagworte stehen.

  • Resultat 1: Werden „übliche“ Schaubilder verwendet, bleiben die darauf verzeichneten Inhalte zwar gut haften, aber die mündlich übermittelten Informationen bleiben signifikant weniger im Gedächtnis. Mehr noch, die allgemeine Behaltensleistung bei einem Vortrag mit solchen Folien ist ebenfalls niedriger als bei einem ohne Schaubilder.
  • Resultat 2: Werden „prägnante“ Schaubilder“ eingesetzt, bleiben deren Inhalte besser im Gedächtnis als bei „üblichen“ Schaubildern. Spannend ist nun der Vergleich zum Vortrag, der ohne Schaubilder auskommt. Prägnante Präsentationen sorgen dafür, dass von den mündlich übermittelten Informationen mehr behalten wird als bei einem nackten Vortrag (und damit auch insgesamt mehr).

Lehrende tun entsprechend dieser Ergebnisse gut daran, sich entweder um prägnante Schaubilder zu bemühen oder — sollte das nicht möglich sein — lieber ganz auf Folien zu verzichten und sich auf das gesprochene Wort zu konzentrieren. Auch in diesem Fall bliebe offenbar mehr hängen als wenn man untaugliche Schaubilder an die Wand wirft. Um eine ordentliche Vorbereitung kommt man also nicht herum, will man gute Vorträge halten.

Literatur

Wecker, Christof (2012): Slide presentations as speech suppressors: When and why learners miss oral information, in: Computers & Education, 59. Jg., Nr. 2, S. 260-273. [doi:10.1016/j.compedu.2012.01.013]

Wider die Folienumente

Ich bin ein großer Freund von Garr Reynolds und seinen Büchern aus der Presentation-Zen-Reihe. Darin beschreibt er allerhand rund um das Thema Präsentieren, und ich bin überzeugt davon, dass die zentralen Aussagen auch für das Präsentieren in der Lehre gelten. Es mögen hier und da kontextbedingt ein paar Anpassungen notwendig sein, aber der Kern bleibt davon in meinen Augen unberührt. Das trifft auch auf Schaubilder zu.

Ich möchte gar nicht auf den offenbar an Hochschulen weit verbreiteten Irrglauben eingehen, ein Vortrag und etwas Power-Point-Artiges seien untrennbar miteinander verbunden. Gehen wir einfach davon aus, sie gehörten unweigerlich zum Präsentieren dazu. Dann, bitte, bitte, bitte: baut keine Folienumente (engl. slideuments)!

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Wissen und Macht und Präsentationskunst

Gerade lese ich die Bücher von Garr Reynolds, in denen er sich dem Thema Präsentieren widmet. Er beschreibt darin, wie wichtig Planung und Vorbereitung sind, was gutes Design ausmacht (mehr als Schmuckwerk), warum Schlichtheit wichtig ist und man Folienumente verbannen sollte, wie bedeutsam es ist, die Zuhörer einzubeziehen und ganz viele andere Dinge. Die Bücher sind wirklich gut!

Ich habe das selbst noch nicht alles ausprobiert, ich kann das nicht alles auswendig wiedergeben oder gar umsetzen. Aber ich war am Donnerstag und Freitag in Berlin auf der Tagung Wissen und Macht – die neue Freiheit im Internet? und habe mal ganz bewusst auf die Präsentationen der Vortragenden geachtet – und mit Präsentation sind hier nicht bloß Folien gemeint, sondern der gesamte Auftritt. Da gab es ganz unterschiedliche Ansätze, von denen ich ein paar herausgreife.

Verena Metze-Mangold (Vizepräsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission) hat beispielsweise vom Blatt abgelesen und dazu eine PowerPoint-Wüste zur Visualisierung benutzt. Der Text war zwar ausgefeilt, aber als Vortrag kaum verfolgbar, und die grafische Unterstützung alles andere als hilfreich. Anders war das bei Sigrid Baringhorst (Professorin in Siegen). Sie hat zwar auch aus einem Manuskript gelesen – zwar irgendwie unpersönlich – aber auf eine Weise , dass man ihr recht gut folgen konnte. Ihre ebenfalls textlastigen Präsentationsfolien hätte sie nach meinem Empfinden einfach weglassen sollen, die waren nicht schön und wirkten ablenkend.

Frau Metze-Mangold präsentierte mit einem Folienument

Frau Metze-Mangold präsentierte mit einem Folienument

Offenbar gestützt auf einige Stichworte, ganz ohne grafisches Beiwerk, sprach Constanze Kurz (Sprecherin des Chaos Computer Club). Gleichwohl ich ihre Art ein wenig zu bedächtig fand, gefiel mir ihr Vortrag gut. Stephan Urbach (Netzaktivist) ging ähnlich vor und nutzte Karteikärtchen, die jedoch leider für einen etwas stockenden Redefluss sorgten. Bis auf einen Schuss zu viel Demagogie gefiel mir aber, dass er eine Geschichte erzählte und nicht einfach kalte Fakten vorstellte.

Sehr frei und energisch sprach Frank Schomburg (nextpractice GmbH), da wurde man wach. Seine Präsentationsfolien waren teilweise allerdings überladen und wurden in einem so flotten Tempo an die Wand geworfen, dass ich die Inhalte nur schwerlich nachvollziehen konnte.

Zum Schluss kam Gunter Dueck (ehemaliger CTO von IBM Deutschland) an die Reihe. Als einziger löste er sich vom Platz hinter dem Rednerpult, das die Verbindung zum Publikum hemmt. Außerdem stieg er nicht gleich ins Thema ein, sondern begann mit einer persönlichen Erzählung. Da fühlt man sich wohl. Allerdings kamen mir viele Folien schlicht überflüssig vor, die hätte er gar nicht benötigt, und ich fand sie optisch auch nicht unbedingt hilfreich. Zudem hatte ich persönlich das Gefühl, dass dem Vortrag eine klare Linie fehlte und von allem ein bisschen drin war, aber nicht unbedingt passend zum Vortragstitel. Dass Herr Dueck das Zeitlimit gnadenlos überschritt, gehört wohl ebenso nicht zum guten Ton, aber da zumindest ich seine Rede sehr unterhaltsam fand: verziehen :-)

Gunter Dueck nah dran am Publikum

Gunter Dueck war nah dran am Publikum

Wenn ich nun mein persönliches Gefühl mit dem vergleiche, was Garr Reynolds in seinen Büchern schreibt, dann muss ich ihm recht geben. Schlechte Präsentationsfolien schaden einem guten Redner im schlimmsten Fall deutlich mehr als sie nutzen, und ein schlecht vorbereiteter und gehaltener Vortrag wird durch schöne Bilder allein auch nicht gerettet. Ein weiterer Punkt, an dem ich selbst arbeiten muss.