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xMOOC im Selbstversuch: Der Abschluss

Im Januar habe ich als Selbstversuch an einem xMOOC teilgenommen und zu Beginn und zur Halbzeit bereits berichtet. Es ist wohl an der Zeit, die finalen Eindrücke zu dokumentieren.

Coursera_RIch werde mich dazu kurz fassen: Es wurde nicht viel besser. Zu den bereits genannten didaktischen Schwächen gesellten sich nun noch technische Pannen, wenngleich nicht so dramatisch wie bei einem anderen Kurs, der gar abgebrochen wurde. Besonders bezeichnend ist allerdings die falsche Berechnung der Abschlusspunktzahlen: Weil eine schlecht gestellte Testfrage aus Woche 1 aus der Wertung genommen wurde, waren maximal 99 Zähler zu erreichen. Wer alle Aufgaben korrekt absolviert hat, bekam dennoch nur 99% richtig bescheinigt. Im Forum des Kurses berichtete jedoch auch jemand, bei ihm seien mehr als 100% ausgewiesen worden – und das alles bei einem Kurs zur statistischen Datenanalyse…

Obwohl ich vom Kurs wirklich nicht begeistert war und vor allem sein didaktisches Design furchtbar fand, würde ich deshalb das Konzept der xMOOCs nicht grundsätzlich ablehnen. Wir erleben gerade die ersten Trippelschritte und ich wage nicht abzuschätzen, wohin die Reise schließlich gehen könnte.

xMOOC im Selbstversuch: Halbzeit

Seit nunmehr zwei Wochen nehme ich an einem xMOOC teil, zu dem ich meine ersten Eindrücke bereits geschildert habe. Nun ist Halbzeit.

Der etwas seltsame Modus, Programmieraufgaben mittels Multiple-Choice-Aufgaben zu prüfen, wurde glücklicherweise zugunsten von Unit-Tests aufgegeben. Dabei werden die selbst geschrieben Routinen anhand eines Soll-Ist-Vergleichs überprüft. Das eigene Programm wird automatisch mit verschiedenen Eingabewerten gefüttert und getestet, ob die erwarteten Ausgabewerte ausgespuckt werden.

Gerade das eigene Programmieren scheint so manchen überfordert zu haben, wie dem Forum des Kurses zu entnehmen ist. Die Aufgaben sind aus Sicht von Programmiererfahrenen zwar ein Kinderspiel und mit ein paar Zeilen zu lösen, aber einige KursteilnehmerInnen investierten bereits für eine einzige mehrere Stunden – und kamen nicht einmal dann zu einem Ergebnis. Es bestätigt sich meine bereits geäußerte Befürchtung, dass die angegebenen Voraussetzungen für die Veranstaltungen nicht klar genug waren und dann die veranschlagten 3-5 Stunden Bearbeitungszeit pro Woche vorne und hinten nicht ausreichen.

Die Probleme drücken sich auch in Zahlen aus: Von den 40.211 angemeldeten TeilnehmerInnen haben in Woche 1 lediglich rund 14.000 die Tests absolviert. Zu Woche 2 gibt es (noch) keine Zahlen.

Zwischenfazit: Wenn der Kursleiter den Kurs als Präsenzveranstaltung in vergleichbarer Weise anbietet, hätte ich schon einige Verbesserungsvorschläge; als xMOOC gibt es leider noch so manchen Stolperstein mehr.

Wirbel um Hattie

Nachdem ich vor einer Weile im Literaturverzeichnis eines Sammelbandbeitrags bereits auf den Namen John Hattie aufmerksam geworden war, wurde er über einen Beitrag der ZEIT gestern auch in meine Twitter-Timeline gespült. Hattie hat 2009 ein Buch namens Visible Learning veröffentlicht, in dem er die Ergebnisse einer groß angelegten Meta-Meta-Analyse zu Erfolgsfaktoren des Lernens darstellt. Insbesondere präsentiert er anhand von Mittelwerten ein Ranking möglicher Einflussfaktoren und sortiert sie von „Was schadet“ bis hin zu „Was richtig hilft“.

Zu den Dingen, die für den Lernerfolg schädlich sind, zählt laut Hattie etwa das Sitzenbleiben in der Schule, nur geringe Wirkung hätte beispielsweise die finanzielle Ausstattung. Offener Unterricht oder webbasiertes Lehren und Lernen seien weder förderlich noch nachteilig. Unter den Dingen, die richtig helfen würden, befinden sich LehrerInnen-Feedback (nicht durch Zensuren), problemlösender Unterricht und vor allem ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Lehrkraft und SchülerInnen.

Erstes Abwägen

Einerseits könnte ich schnell geneigt sein, genau zu rufen. Vor einer Weile wurde ich nämlich um eine Stellungnahme zu einer Forderung nach stärkerer Bildungsfinanzierung gebeten und sagte, dass in meinen Augen die Beziehung zwischen Lernenden und Lehrenden bedeutsamer sei als die Struktur von Studiengängen oder die Höhe der verfügbaren Geldmittel. Andererseits habe ich das Buch von Hattie noch nicht gelesen und mache mir gerade nur auf Grundlage des ZEIT-Artikels Gedanken.

Vorsichtig bin ich zunächst, weil als Zielkriterium der Lernerfolg genannt wird und mir noch nicht klar ist, was damit konkret gemeint ist. Wenn lediglich anhand von Zensuren gemessen wurde, würde ich etwa einwenden, dass Bildung mehr ausmacht als gutes Abschneiden in Klausuren. Außerdem würde ich die Diskussion um so etwas wie Professionelle Intelligenz anführen.

Kritik von anderer Seite beschäftigt sich mit der Interpretation der Statistik. Hans Brügelmann mahnt etwa zur Vorsicht, lediglich die Mittelwerte zu vergleichen und den Kontext aus den Augen zu lassen. Der gemessene mittlere Effekt des Computereinsatz sei beispielsweise mäßig, er  kann aber unter bestimmten Umständen deutlich ansteigen – wenn die Lernenden ihr Vorgehen selbst steuern können und zusammen mit einem Partner oder einer Partnerin arbeiten.

Als Konsequenz hieße das, wenn ich mich als Lehrender verstärkt um die nach Hattie förderlichen Elemente bemühe, dann erhöhe ich lediglich die Lernerfolgswahrscheinlichkeit. Eine Garantie erhalte ich nicht und kann auch damit ein Umfeld schaffen, in dem viel schief geht. Dennoch bergen die Ergebnisse der Studie wohl auf jeden Fall Anhaltspunkte, was mit Blick auf den Lernerfolg zu berücksichtigen ist.

Was heißt das beispielsweise für LdL?

Auch wenn ich das Buch noch nicht gelesen habe, habe ich mir bereits erste Gedanken dazu gemacht, wie das Konzept LdL wohl abschneidet. Das erste zaghafte Ergebnis: doch ganz gut, auch wenn der Ansatz natürlich kein Allheilmittel ist und nicht zu jedem Lehrenden passt.

Bei Hattie findet sich beispielsweise lehrergeleiteter Unterricht bei den Faktoren, die ziemlich weit oben im Ranking stehen. Damit meint er nicht, dass Vorträge gehalten werden sollen, aber durchaus das Geschehen bewusst gesteuert werden muss. Bei LdL heißt das: „Regie führen“. Der Lehrende lässt dabei trotz Gewähren von Freiraum nicht alles offen, sondern muss sich darum bemühen, dass die Lernenden auch beim Einschlagen von Umwegen schließlich am Ziel ankommen.

Zu dem, was richtig hilft, gehören Lehrerfeedback, problemlösender Unterricht und das bereits hervorgehobene vertrauensvolle Verhältnis zwischen Lernenden und Lehrenden. Rückmeldungen erhalten Schüler bei LdL permanent. Problemlösend ist das Konzept nicht zwingend ausgerichtet, aber dieser Weg ist bei der Form des Aktiven Plenums ziemlich zentral. Eine gutes Verhältnis fördert der Einsatz von LdL nicht automatisch. Anderseits wird jemand ohne Interesse an einer Beziehung zu den Lernenden vermutlich LdL sowieso nicht einsetzen oder damit scheitern.

Mehr vielleicht demnächst, wenn ich das Buch in Händen halte.