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Ein bisschen Werbung muss doch erlaubt sein

Meine ersten Gehversuche mit dem Konzept Lernen durch Lehren (LdL) habe ich vor einiger Zeit bereits kurz hier im Blog vorgestellt. Christian Spannagel hat mich daraufhin eingeladen, meine Erfahrungen etwas umfangreicher zu schildern; das Ergebnis ist nun als Beitrag in einem Sammelband veröffentlicht worden. Ein bisschen Werbung dafür muss doch erlaubt sein…

Pi-Pa-Portfolio

Das rundenbasierte computer-/internetgestützte Planspiel zur Unternehmensführung, das an der TU Braunschweig angeboten wird, läuft in diesem Semester anders als bisher: ich führe diesmal ein Lernportfolio ein, Premiere für mich.

Bisher musste gruppenweise ein umfangreiches Strategiepapier angefertigt werden, in dem man vor dem Spiel strategische Vorüberlegungen anstellen sollte, angefangen bei der marktlichen Ausrichtung, über das Personalmanagement bis hin zur Organisationsstruktur. Das ist an sich keine schlechte Idee, nur werden viele der geforderten Bereiche in der Planspiel-Software überhaupt nicht abgebildet. Vorüberlegungen und tatsächliche Handlungsmöglichkeiten hatten also recht wenig miteinander zu tun. Außerdem ging es – wie so häufig – nur um die fachliche Qualifikation. Das möchte ich ändern, mal sehen, ob mir das gelingt.

Semesterbegleitend treten die Studierenden mit ihren virtuelle Unternehmen gegeneinander an und werden ein Portfolio zusammenstellen müssen, das aus drei Komponenten besteht:

  • eine Ausarbeitung zu einem Instrument der Unternehmensplanung als Einzelleistung
  • Reflexionen zu im Planspielprogramm auch wirklich umsetzbaren strategischen Aspekten zu drei Zeitpunkten als Gruppenleistung
  • persönliche Reflexion zu Motivation und Lernzielen am Anfang und zum Lernerfolg am Ende, wozu natürlich das Portfolio herangezogen werden kann

Gerade Letzteres dürfte für die Studierenden ziemlich ungewohnt sein, aber das eigene Können, Wollen, Sollen und Dürfen bewusst zu hinterfragen, kommt in der Betriebswirtschaftslehre ja manchmal zu kurz. Benotet wird dieser Teil (natürlich) nicht. Bin gespannt, wie das mit diesem Portfolio klappt.

Das alles wird in ein Blended-Learning-Szenario eingebettet, wo die in Eigenarbeit erstellten Inhalte für die anderen Teilnehmer aufbereitet werden müssen: die Planungsinstrumente in mehreren Sitzungen per Lernen durch Lehren, die Strategieüberlegungen als Gruppenpräsentation samt Befragung in einer Art Entlastung des AG-Vorstands am Schluss.

Wenn es gut läuft, dann müsste man „nur“ noch ein besseres Planspiel programmieren. Ideen dafür hätte ich einige, aber das wäre ein anderer Blogeintrag…

Kann man LdL auch in Unternehmen einsetzen?

Nachdem ich mich nun einige Zeit in die Thematik Lernen durch Lehren (LdL) und Personalentwicklung eingearbeitet habe und in einer Vorlesung auch bereits erste praktische Erfahrung sammeln durfte (Teil 1, Teil 2 und Teil 3), habe ich meinem Chef am Montag mein Dissertationsvorhaben vorgestellt – und er hat sich dazu bereit erklärt, es zu betreuen. Der vorläufige Arbeitstitel lautet: „Lernen durch Lehren in der beruflichen Weiterbildung“.

Mein Ausgangspunkt ist der sogenannte „War for Talent“, der sich speziell im Bereich der Wissensarbeit verschärft. Vereinfacht gesagt, fehlt es an Fachkräften und schon heute können recht viele Unternehmen in Deutschland freie Stellen nicht mit geeigneten Mitarbeitern besetzen. Einige müssen daher gar Aufträge ablehnen. Die demographische Entwicklung legt nahe, dass sich dieser Zustand zukünftig noch verstärken wird und man sich dagegen wappnen muss. Unternehmen stehen hier vor einer „Make or Buy“-Entscheidung. Sie könnten einerseits verstärkt neue „Talente“ anwerben, aber da der Personalmarkt offenbar hart umkämpft ist und selbst sinnvolle staatliche Eingriffe nicht unmittelbar wirksam würden, wäre das kein einfaches Unterfangen („War, huh, yeah, what is it good for?“). Sie könnten sich aber auch dazu entschließen, auf dem Papier geringer Qualifizierte oder ältere Arbeitnehmer einzustellen und sie gemeinsam mit den bereits vorhandenen Mitarbeitern weiterzubilden, so dass alle ihr fachliches Wissen aktuell halten, ihre persönlichen, sozialen und methodischen Kompetenzen ausweiten und die offenen Aufgaben übernehmen können. In diesem Zusammenhang wird von Berufspädagogen eine Abkehr von traditionellen Lehrkonzepten hin zu handlungsorientierten Herangehensweisen gefordert, um Passivität beim Lernen zu vermeiden und eine selbständige Informationserarbeitung zu fördern. Und genau hier stellt sich mir die Frage, ob LdL über die Schule und Hochschule hinaus auch in der beruflichen Weiterbildung sinnvoll eingesetzt werden kann.

Das könnte man vorschnell mit „natürlich“ beantworten, wenn man selbst erlebt hat, wie LdL funktioniert – aber ganz so eindeutig ist es vermutlich nicht. Die individuellen Voraussetzungen und Bedürfnisse der Teilnehmer beruflicher Weiterbildungsangebote sind andere als bei Schülerinnen, Schülern oder Studierenden, die Gruppenstrukturen und -prozesse können unterschiedlich sein, es gibt vielfältige Themenfelder und vor allem sind die Rahmenbedingungen in Unternehmen nicht vergleichbar, so dass es für die Einsatzmöglichkeit von LdL sicher Grenzen gibt. Und genau diese möchte ich ausloten und am Ende einen theoretisch-konzeptionellen Rahmen entwickelt haben, wie Lernen durch Lehren in der beruflichen Weiterbildung genutzt werden kann. Um möglichst realitätsnah zu sein, wir er jedoch durch eine gegenstandsbezogene Theoriebildung gestützt werden.

Ich halte euch auf dem Laufenden…