Meine 100-Tage-Bilanz

Am 1. Juli habe ich meine Stelle gewechselt und arbeite seitdem am Kompetenzzentrum Hochschuldidaktik für Niedersachsen (KHN) in Braunschweig. Das ist nun genau 100 Tage her, und dieser Zeitraum wird gern dazu verwendet, um eine erste Bilanz zu ziehen.

Ich habe viel für mich neues Land betreten. Fachlich und methodisch muss ich als Quereinsteiger durchaus noch einiges nachholen, dafür kenne ich andererseits aus eigener Erfahrung die Sorgen und Nöte von wissenschaftlichen Mitarbeitern in der Hochschule. Ich habe neue Kollegen, mit denen das Arbeiten Spaß macht, von denen ich viel lernen darf und die sich abends auch mal privat treffen. Finde ich toll! Klar, es gibt auch am KHN Problemchen hier und da, der Umgang damit ist aber ein ganz anderer, als ich es von früher gewohnt war. Und ich selbst bin eigentlich nicht betroffen.

Visitenkarte vom KHN

Alte bekannte Macken hält das Biotop Universität parat, und auch die Ö-Dienst-Bürokratie nervt mich weiterhin: „Max Weber am Arsch!“ Aber das hat a) nichts mit dem KHN an sich zu tun und b) betrifft mich das bisher weniger. BMBF, hüte dich!

Und wie schlage ich mich so, wie schätze ich mich selbst ein? Klappt mal besser, mal schlechter. Manche Dinge laufen echt gut, andere finde ich murksig. Zwei Tage Workshop (nächstes Jahr werden es auswärts sogar mal vier) am Stück auszuarbeiten und durchzuführen ist etwas anderes als die an der Uni üblichen 90-Minuten-Veranstaltungen. Da freue ich mich, auch in den nächsten 100 und mehr Tagen Erfahrungen sammeln zu dürfen.

Ich bereue es nicht ein Stück, meinen alten Job gekündigt zu haben.

Eine kurze Nachlese zum LdL-Workshop an der HWR Berlin

Mit Lange Inkubation, plötzliche Emergenz betitelte Jean-Pol Martin einen Vortrag zu seinem Konzept LdL. Er wollte damit deutlich machen, dass Inhalte und Methoden sowohl auf kurze Sicht als auch auf lange Sicht wirken können und ein Gelingen nicht zwangsläufig unmittelbar ersichtlich wird. Mit LdL scheint es sich ebenso zu verhalten. Seit nunmehr fast dreißig Jahren existiert der Ansatz, zu dem auch seine Abwandlung in Form des Aktiven Plenums zählt – und in meiner Wahrnehmung scheint er an Hochschulen gerade jetzt vermehrt wahrgenommen zu werden.

Das Aktive Plenum hat sich am Kompetenzzentrum Hochschuldidaktik für Niedersachsen fast schon zu einer festen Größe im Programm entwickelt. Es stößt immer wieder auf besonderes Interesse bei TeilnehmerInnen der Methodenwerkstatt. Begrenzt ist in diesem Rahmen allerdings der Zeitumfang, da das Kennenlernen verschiedener Methoden für verschiedene Situationen in der Gunst noch einen Deut höher steht. Um so erfreuter war ich über das Angebot, zusammen mit Marcus Birkenkrahe auf der E(r)lerner-Tagung der HWR Berlin insgesamt gleich fünf Stunden für einen Workshop zu Lernen durch Lehren zur Verfügung zu haben.

Aktives Plenum

Aktives Plenum

Nach einer kurzen Kennenlern-Runde und einer ebenso kurzen Beschreibung von Lernen durch Lehren allgemein und seiner speziellen Variante LdL ging es gleich zur Sache. Statt zunächst Theorie aufzudröseln, galt es im Aktiven Plenum eine Fallstudie zu lösen. Auf diese Weise konnten alle einen Eindruck davon bekommen, wie sich die Methode anfühlt. Erst im Anschluss wurde sie in ihre Bestandteile zerlegt. Mit der folgenden Diskussion waren die ersten zwei Workshop-Stunden bereits wie im Fluge vergangen und der erste Tagungstag bereits vorüber.

Am folgenden Morgen schlugen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: Mit einem Video von Christian Spannagel konnten wir nicht nur die Inhalte des Vortages noch einmal ins Gedächtnis rufen, sondern gleichzeitig das Aktive Plenum in freier Wildbahn begutachten – angewendet in einer Mathematik-Veranstaltung an der PH Heidelberg. Nach Beantwortung einiger Fragen wurde es auch schon wieder praktisch. Die TeilnehmerInnen hatten Gelegenheit, an der Implementierung des Aktiven Plenums in einer ihrer Veranstaltungen zu arbeiten, ihre Ergebnisse mit den anderen auszuprobieren und gemeinsam zu reflektieren. Und schwupps war der Workshop auch schon wieder vorbei…

Hat mir wirklich Spaß gemacht mit der Gruppe! Einige Dinge würde ich künftig wohl etwas zügiger angehen, andere haben wir jedoch bloß angerissen (etwa die Kombination von LdL und E-Learning), und einige nicht einmal angeschnitten – zum Beispiel die Kombination mit anderen Konzepten wie dem Flipped Classroom. Da ließe sich locker mindestens ein ganzer Acht-Stunden-Tag draus machen! Warum eigentlich nicht?

LEGO ist zeitlos

Vor einer Weile bin ich über das Thema LEGO Serious Play gestolpert, und vergangene Woche haben ein Kollege und ich die bunten Klötzchen in einem Workshop für ProfessorInnen benutzt. Das hat allen Freude bereitet und gut funktioniert.

Am ersten Tag bestand eine Einstiegsaufgabe darin, sich in vier Kleingruppen zu überlegen, was zum Misslingen einer Vorlesung beitragen kann. Was macht eine Veranstaltung wirklich kaputt? Getrennt betrachtet wurden Lehrende, Studierende, der Inhalt und die Rahmenbedingungen – und visualisiert wurden die Probleme mit LEGO-Steinen. Die Ergebnisse waren ganz unterschiedlich. Einige Bauwerke zeigten ganz konkret eine schwierige Situation, andere stellten den Sachverhalt abstrakt dar. Ein Beispiel ist auf dem Foto zu sehen: Ein Lehrender als kluge Leuchte, der sein gesammeltes Wissen aber einfach unstrukturiert vor sich ausbreitet. In jedem Fall boten sie einen guten Ausgangspunkt für den weiteren Verlauf des Workshops.

LEGO

Eine „Lehrenden-Leuchte“ kippt ihr Wissen aus

Als kurze Rückmeldung zum ersten Tag haben wir eine abgewandelte Form des Fünf-Finger-Feedbacks benutzt. Die TeilnehmerInnen sollten sich überlegen, womit sie zufrieden waren, was ihnen nicht so gut gefallen hat, was sie mitgenommen haben und was ihnen zu kurz gekommen ist. Den davon für sie wichtigsten Punkt haben sie auf einer Moderationskarte festgehalten. LEGO wurde gar zweimal „mitgenommen“.

LEGO-Feedback

Feedbackmöglichkeit mit LEGO visualisiert

Am zweiten Tag haben wir auf die Ergebnisse des ersten Tages zurückgegriffen. Die Lego-Modelle sollten nun so modifiziert werden, dass eine gelungene Veranstaltung entsteht. Es wäre schließlich einerseits nicht so schön, wenn ein negatives Bild zurückbliebe. Andererseits sollte auch über Handlungsbedarf und -möglichkeiten nachgedacht werden.

Wahrscheinlich gibt es noch zig andere Möglichkeiten, wie man LEGO in Workshops einsetzen kann. Wir werden das sicher noch in der einen oder anderen Form ausprobieren. „LEGO ist zeitlos.“

LEGO ist zeitlos

LEGO ist zeitlos