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Die Touristenmetapher – ein Versuch

Bei einer frühstückstischphilosophischen Diskussionen zwischen @adahlma und mir kamen wir auf die Idee der Touristenmetapher, mit der man einen Lernprozess über einen längeren Zeitraum veranschaulichen kann.

Als Tourist kommt man in eine fremde Stadt mit zahlreichen Attraktionen, wie in Berlin vielleicht das Brandenburger Tor oder der Gendarmenmarkt. Die erkundet man vielleicht auf einer Busrundfahrt, bei der ein Fremdenführer ein paar Sätze über diese oder jene Station verliert und mit ein paar spannenden oder witzigen Anekdoten anreichert. Das entspräche in etwa dem Prinzip Vorlesung, bei der man einen Überblick über ein Gebiet erhält. An einigen Sehenswürdigkeiten könnte man einen Halt einlegen und sie genauer betrachten, eine Führung mitmachen und Details erfahren. Das entspräche dann vielleicht einem Seminar.

Der Knackpunkt ist dabei, und das haben wir beide festfestellt, dass man erst nach einem längeren Zeitraum auch selbständig von einer Attraktion zur anderen findet; es dauert eine ganze Weile, bis man Zusammenhänge tatsächlich begreift. Dafür muss man sich schlicht eine Weile in einer Stadt aufhalten. Genau diese Erfahrung habe ich selbst gemacht, als ich in Berlin wohnte: Plötztlich ging mir auf, wie man vom Brandenburger Tor zum Gendarmenmarkt kommt. Andere Orte, an denen ich zuvor schon gewesen war, erkannte ich wieder und konnte sie einsortieren. In meinem Kopf entstand so etwas wie ein Stadtplan, auf dem weiße Flecken nach und nach durch Einträge ersetzt wurden. Genauso hat es in höheren Semestern erst Klick gemacht zu einigen Dingen, die in Einführungsveranstaltungen dran waren.

Wenn man also nur auf Bustouren setzt, kommt man sicher auch irgendwann von A nach B, allerdings nur über die großen Straßen. Warum sich nicht einfach einen Stadtplan schnappen und auf eigene Faust Schleichwege erkunden, auf denen man dann sicher die eine oder andere Sache entdeckt, die auch ganz spannend ist? Dann kennt man darüber hinaus auch Alternativrouten zum Ziel, falls eine wegen einer Baustelle gesperrt sein sollte und man sonst nicht weiterkommt.

Was sagt uns das? Tourist sein allein genügt nicht, um sich wirklich gut in einer Stadt zurecht zu finden. Das können Einheimische besser. Andererseits, auch das haben wir festgestellt, wissen Touristen oft viel mehr über die Sehenswürdigkeiten einer Stadt als deren Bewohner selbst. Experten auf der einen Seite, Generalisten auf der anderen.

Was sagt uns das noch? Bustouren und Führungen sind ganz nett, man lernt auch etwas dabei. Wenn man aber irgendwo in der Stadt ausgesetzt wird und nun allein den Weg zum Hotel finden soll, wird es sicher schwierig. Das Problem stand so nicht im Reiseführer, Lehrplan oder Skript. Da wäre es hilfreich, sich nicht nur auf das angebotene Wissen zu verlassen und das drauf zu haben, sondern eigene Erkundungen zu machen. Dazu könnte man natürlich auch elektronische Hilfsmittel benutzen, Google Maps etwa oder die Wikipedia. Prima! Aber man sollte auch daran denken, dass der Strom ausfallen kann oder die Akkuladung zur Neige geht. Aber das kennt man ja vom Blended Learning.

Wie auch immer man das anstellt, es kostet Zeit! Nicht einen Monat, nicht ein Semester, sondern vielleicht das gesamte Studium und wahrscheinlich sogar darüber hinaus. Als Lernender sollte man daher nicht gleich verzweifeln, wenn ein Gebiet so unüberschaubar groß vorkommt und man gar nichts zu verstehen scheint. Nicht aufgeben. Als Lehrender sollte man im Gegenzug auch Geduld haben und nicht erwarten, dass jemand in kurzer Zeit denselben Überblick hat wie man selbst – die sind nicht gleich alle doof oder lernunwillig. Statt nur Führungen anzubieten kann es zudem nicht schaden, das selbständige Auskundschaften der Umgebung anzuregen – das geht aber sicher nicht nach dem Motto: „Hier ist der Stadtplan, seht zu!“

Spektakulär ist diese Metapher nicht, sicher ist auch schon einmal jemand darauf gekommen. Aber ich finde, man kann recht viel damit anfangen und sie sicher auch (im Kommentarbereich?) erweitern.

Mal drüber nachgedacht: Breitbandbildung

In einem Tweet von Monika König fiel gestern der Begriff Breitbandbildung. Den fand ich irgendwie interessant, so dass ich einfach mal überlegen möchte, was er bedeuten könnte – ob das Ergebnis nun letztlich sinnvoll sein mag oder nicht.

Was überhaupt ist Bildung? Pragmatisch betrachtet vielleicht die Fähigkeit, flexible gedankliche Konzepte zu entwickeln, um die Welt um sich herum mit offenen Augen zu beobachten, zu erklären und sich auch in bisher unbekannten Feldern halbwegs sicher bewegen zu können, um daran als Mensch zu wachsen. Ist aber nicht von mir. Ich finde diese Deutung deshalb ganz charmant, weil sie einerseits zeigt, dass Bildung mehr ist als eine Ansammlung von Faktenwissen und andererseits die Aussage zulässt, Bildung erlange man nicht ausschließlich in der Schule, sondern auch im „richtigen Leben“. Vielleicht genügt der Ansatz noch nicht, aber damit arbeite ich erst einmal.

Den Term „Breitband“ kennt man zum Beispiel von Breitbandantibiotika, mit denen man viele verschiedene Infektionen gleichzeitig bekämpfen kann. Übertragen könnte Breitbandbildung dann heißen, dass man bereits dazu in der Lage ist, viele verschiedene Probleme zu lösen; dass man also schon eine stattliche Anzahl von geeigneten Konzepten entwickeln konnte oder ein sehr weit gefasstes, das schon viele Felder abdeckt.

Den Term „Breitband“ kennt man aber auch aus Breitband-Internetzugang, den man für gewöhnlich mit einer hohen Informationsmenge pro Zeiteinheit in Verbindung bringt. Aus diesem Blickwinkel könnte Breitbandbildung bedeuten, auch mit vielen Informationen umgehen zu können, die innerhalb eines kurzen Zeitabschnitts auf einen einströmen – die gedanklichen Konzepte würden dies ermöglichen. Die Verbindung zum Internet lässt aber auch noch eine weitere Interpretationsmöglichkeit zu, nämlich dass man sich auch dort tummelt, um Bildung zu erlangen. Breitbandbildung würde dann speziell auf die Nutzung von solchen Diensten hindeuten, die einen (vergleichsweise) hohen Datendurchsatz erfordern wie der Austausch mit anderen über Videokonferenzen.

Wie gesagt, keine Ahnung, ob das in irgendeiner Weise sinnvoll ist. Wenn ihr auch gern über vielleicht unnötige Sachen nachdenkt, macht doch mit :-)

Nach der Konferenz ist vor der Unkonferenz

Poster zum EduCamp Aachen 2010

EduCamp Aachen 2010

Kaum ist die Konferenz openmind vorbei, steht auch schon die nächste Veranstaltung an: das EduCamp – ein BarCamp zum Thema Bildung. „Was ist eigentlich ein BarCamp“ fragt ihr euch? Vom 05.11. bis 07.11. treffen sich enthusiastische Menschen diesmal in Aachen und suchen den offenen Austausch rund ums Thema Bildung. Die Teilnahme ist kostenlos und Mitmachen statt nur Zuhören ist ausdrücklich erwünscht.

Wenn Interesse besteht, werde ich eine Session zu den Erfahrungen aus unserem Seminar „Gemeinsam einsam, oder wie?“ vorstellen und zusammen mit den Teilnehmern nach Verbesserungsmöglichkeiten suchen. Denkbar wäre auch eine Session zu der Frage, welchen Problemen Lernen durch Lehren in der beruflichen Weiterbildung gegenüber stehen könnte. Etwas zu studentisch organisierten Zeitschriften wie GoJIL will ich auch nicht ausschließen, denn sie können meiner Meinung nach einen prima Rahmen bieten, um Sach-, Sozial- und Selbstkompetenz zu erwerben. Und in den nächsten Tagen werden Jean-Pol Martin und ich überlegen, ob wir gemeinsam eine weitere Session auf die Beine stellen können.

Der Herbst wird also spannend! Mehr Informationen über das EduCamp gibt es im Netz. Ihr seid doch auch dabei, oder?