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“Die Digitalisierung revolutioniert die Lehre schafft neue Chancen und Mehrwerte”

Seit über 20 Ausgaben des Podcasts Forschergeist spricht Tim Pritlove mit Personen über Bildung und Forschung. Diese Woche (Ausgabe 22) war er zu Gast bei Jürgen Handke. Handke lehrt in Marburg, hat dort den Virtual Linguistics Campus mit ins Leben gerufen und ist einigen vielleicht für sein Engagement rund um den Einsatz digitaler Medien bekannt.

Im Podcast berichtet er davon, wie er über viele Jahre Schritt für Schritt seine Lehre mit digitalen Medien verändert hat und sie dazu nutzt, um Präsenzphasen intensiver mit Studierenden nutzen zu können. Kritisch merkt er an, dass neue Formen des Lehrens jedoch weniger von PädagogInnen entwickelt würden, sondern von engagierten FachwissenschaftlerInnen — autsch.

Mir gefällt der Podcast sehr gut. Vielleicht findet ihr über die Feiertage Zeit, um ihn euch anzuhören.

Gamification over

Einen weiteren MOOC habe ich absolviert, und er hat mir gefallen. Dass das Thema Gamification inhaltlich für mich interessant sein würde, war mir klar — aber ich kann es ja nicht lassen, auch auf die didaktische Gestaltung. Die war solide! Das wird daran liegen, dass diverse Prinzipien aus Didaktik und Gamification nicht so weit voneinander weg sind, und man merkt, dass Entwickler Kevin Werbach auch umzusetzen möchte, was er erzählt. Practice what you preach. Kevin ist übrigens auf Twitter unterwegs und dort auch ansprechbar.1

Inhaltlich gab es eine angemessen umfangreiche theoretische Einführung dazu, was es denn mit Spielen und Gamification auf sich hat. Von Beginn an machte Kevin klar, dass Gamification nicht heiße, naiv irgendwo Punkte, Badges oder Ranglisten draufzuwerfen und zu hoffen, dass nun alles flutsche. Es gab Rückgriffe auf die Motivationspsychologie, die in die Gestaltungsmöglichkeiten von Spielen mündete:

  • Dynamiken (Beschränkungen, Emotionen, Narrativ, „Voranschreiten“, Beziehungen),
  • Mechaniken (Herausforderungen, Wettbewerb, Kooperation, Feedback, …),
  • Komponenten (Avatare, Punkte, Badges, Quests, Teams, virtuelle Güter, …)

Deren Bearbeitung sollte ähnlich der Gestaltung einer Lehrveranstaltung in dieser Reihenfolge angegangen werden, eher nicht andersherum. Nach diesem Block widmete sich der Kurs möglichen Kontexten und Besonderheiten, etwa der Arbeitswelt oder dem Non-Profit-Bereich, bevor schließlich auf Aspekte wie ethische, moralische oder juristische Schwierigkeiten eingegangen wurde.

https://www.coursera.org/account/accomplishments/verify/2SHGTESQJ7FQ

Das Badge zum Kurs

Die Multiple-Choice-Testfragen waren durchdacht, inhaltlich wie handwerklich. Neben einigen einfachen Fragen gab es knifflige Verständnisfragen. Die Fragen und auch die Antwortmöglichkeiten wechselten mit jedem Versuch, den man unternahm. Es gab nicht jede Woche Tests und damit Abweichungen von einer „Routine“. Besonders schön fand ich die drei schriftlichen Aufgaben, die träges Wissen in Schwung brachten und die im Verlauf des Kurses an Umfang zunahmen (250 Wörter, 500 Wörter und schließlich immerhin 1.500 Wörter), aber auch an Schwierigkeit gewannen. An der letzten Hausaufgabe, bei der es um das Anwenden eines Design-Frameworks für eine Fallstudie ging, habe ich denn auch diverse Stunden gesessen — ich konnte es mir aber auch nicht verkneifen, in zusätzliche Literatur zu stöbern, und bin auch auf passende empirische Fachartikel gestoßen ;-) Pferdefuß bei den Aufgaben: Hier hätten klarere Hinweise für das Peer-Review (durch je fünf Personen pro Aufgabe) gut getan. Sie waren für meinen Geschmack zu schwammig formuliert, gerade für offene Kurse, die typischerweise ja sehr bunt gemischt sind.

Alles in allem ein klasse Angebot, das ich weiterempfehlen kann!

Update am 02.02.2017: Gefiel offenbar nicht nur mir …


Wer sich wundert: In den USA ist es weit verbreitet, auch Profs. mit ihrem Vornamen anzusprechen; eine Gepflogenheit, die mir sehr entgegen kommt. Darum rede ich von Kevin.

Purer Luxus!

Ich darf demnächst rund 40 Personen im Rahmen des Projekts Digitale Zukunft Lust auf die Arbeit mit digitalen Medien in der Lehre machen. Spannend war es, als ich nach den Rahmenbedingungen fragte, beispielsweise wie der Raum aussähe und mit was er ausgestattet sei: wie und was ich möchte. Ich habe auch beinahe komplett freie Hand, was die inhaltliche Gestaltung oder die Lernform angeht. Wenn ich beispielsweise eine Stunde Onlinephase hätte und drei Stunden Präsenzzeit: kein Problem. Purer Luxus!

mylittlepony

Ein paar Ideen dazu habe ich schon. Ich habe etwa selbst keine Lust darauf, alles möglichst „objektiv“ und „ausgewogen“ aufzuziehen, sondern zeichne lieber bewusst und transparent eine rosarote Pony-Welt. Ein Wie-es-sein-könnte macht vermutlich mehr Lust als ein So-beschwerlich-wird-die-Reise. Außerdem werden natürlich digitale Medien in der einen oder anderen Form genutzt werden, wenn’s um digitale Medien in der Lehre geht. Und eigentlich mache ich das ja mit diesem Beitrag schon…

Angenommen, ihr könntet einen halben Tag dafür nutzen, um 40 Personen Lust auf das Arbeiten mit digitalen Medien zu machen: Mich interessiert, welche Ideen euch durch den Kopf gehen. Lasst mir gerne ein paar Kommentare da.