Blogparade bei Herrn Larbig: Reflektierende Praktiker (Lehrende und Co)

Ich folge dem Ruf zur Blogparade von Torsten Larbig, der sich dem Thema widmet, mit welcher ROUTINE Lehrende über ihre Arbeitspraxis nachdenken.

Was fällt mir dazu überhaupt ein? Der Begriff des reflektierenden Praktikers wird oft mit Donald Schön in Verbindung gebracht. Von ihm stammt das Buch The Reflective Practitioner: How Professionals Think In Action, das eine Zeit lang auf meinem Schreibtisch lag, ich aber immer noch nicht gelesen habe. Da mir das mit einigen Büchern so geht, müsste ich wohl auch darüber einmal nachdenken…

Aber zurück zur Sache. Eine formalisierte Routine (im Sinne von streng methodisch) habe ich eigentlich nicht. Ich überlege zwar regelmäßig vor Lehrveranstaltungen, wie ich sie gestalten sollte, und lasse frühere Erfahrungen einfließen. Ich denke auch regelmäßig hinterher darüber nach, was gut gelaufen ist; frage mich, warum manche Dinge wohl nicht geklappt haben. Dafür habe ich bei den täglichen Zugfahrten genügend Zeit. Dafür ziehe ich ab und an als analytische Denkhilfe auch theoretische Modelle zu Rate, etwa die Themenzentrierte Interaktion oder das Kommunikationsquadrat, aber ist das schon Routine?

Darüber hinaus: Das Nachdenken allein genügt mir nicht immer, denn mitunter komme ich allein nicht weiter oder wünsche mir einfach einen anderen Blickwinkel. Gerne habe ich dann mit einem früheren Kollegen diskutiert. Das half mir ungemein. Nicht anders verhält es sich mit Gesprächen mit meiner Freundin, auch wenn ich ihr sicher ab und an auf den Wecker falle mit meiner Grübelei :-)

Bei Ereignissen, die mich besonders bewegen, twittere ich von Zeit zu Zeit auch einfach eine kurze Meldung, oder ich blogge etwas ausführlicher. Die Beiträge können sich dann um freudige Erfahrungen drehen, aber auch mal um weniger schöne. Ich habe festgestellt, dass bereits das Verschriftlichen meiner Gedanken eine andere Qualität des Reflektierens mit sich bringt und auch ohne Rückmeldung in Form von Kommentaren nützlich für mich ist. Über Feedback und anschließende Diskussionen freue ich mich natürlich dennoch. Dabei ist es mir gar nicht wichtig, ob mein Gesprächspartner ein Experte oder Laie ist. Es hilft mir schon, dass ich jemand anderem meine Überlegungen verständlich machen muss – unabhängig davon, ob ich nun DEN Tipp bekomme oder nicht.

Soviel als Einstieg, vielleicht geht die Blogparade hier noch weiter. Nun bin ich aber erst einmal gespannt auf Beiträge von anderen.

Danke, ich fahre nach Berlin

Danke

Danke

Vor gut zwei Monaten habe ich hier einen Vorschlag für einen Workshop in Berlin vorgestellt: Lernvideos auch für Lehrende? Der Clou war, dass ihr mit eurem Besuch auf der Tagungsseite für mich abstimmen konntet.

Was soll ich sagen, DANKE! Durch eure Hilfe ist mein Vorschlag angenommen worden. Ich fahre nach Berlin. Dort darf dann in einem Workshop zusammen mit Interessierten an der Idee gearbeitet werden.

Da macht es schon fast gar nichts mehr, dass ein Vorschlag von Matthias Fromm und mir zum diesjährigen Forum Wissenschaftskommunikation (auch in Berlin) nicht angenommen wurde.  Der Titel Hätte, könnte, müsste, … Schluss damit: machen! war wohl zu dick aufgetragen ;-)

Wolken am Wissenschaftshimmel

Ich habe ja schon öfter über die weniger glamourösen Aspekte berichtet, die in der Wissenschaftswelt immer wieder vorkommen und die manch einer vielleicht lieber unter dem Mantel des Schweigens verbirgt. Da gab es beispielsweise abgelehnte Beiträge, schlechte Vorträge oder einfach gefühlte Rückschläge in der Forschung. Es herrscht nicht immer Sonnenschein. Heute kommt ein weiteres Kapitel hinzu.

Christian Spannagel und ich haben einen Beitragsvorschlag für die International Conference on Science and the Internet 2012 (#cosci12) eingereicht, der auch angenommen wurde. Wir hatten dann gut und gerne vier Monate Zeit, um den Beitrag zu verfassen. Was haben wir gemacht? Erst einmal gar nichts. Prokrastination vom Feinsten. Etwa vier Wochen vor Abgabeschluss ging es dann erst los. Kurz darauf musste Christian dann leider schon wieder aussteigen, weil er wegen anderer Aufgaben schlicht und ergreifend keine Zeit mehr für den Artikel abzweigen konnte. Ich fand das überhaupt nicht schlimm, denn ich weiß selbst, wie ich mich zeitlich ab und an verplane. Das hieß allerdings, ich würde einen ganz schönen Zahn zulegen müssen, um die Zeitvorgabe einhalten zu können. Dass ich fast zeitgleich eine neue Stelle angetreten hatte und wir Englisch als Sprache für den Text gewählt hatten, machte die Sache nicht gerade einfacher. Der Bearbeitungsverlauf lässt sich in der Versionshistorie der zugehörigen Wiki-Seite verfolgen.

Immerhin, ich kam voran. Kurz vor Abgabeschluss machte ich die Veranstalter der Konferenz allerdings darauf aufmerksam, dass ich den Termin nicht einhalten können würde. Nach einer weiteren Woche ergab sich dann ein ganz anderes Problem: Der Text war inzwischen zu lang. Für die Einreichungen gab es eine Begrenzung auf etwa 3.000 Worte, meine Ausarbeitung hatte bereits mehr als doppelt so viele, und diverse Stichpunkte wollten noch abgearbeitet werden. Mehr als zwölf Seiten wurden aber auch auf Anfrage nicht zugelassen. Das ist vollkommen verständlich, wenn man weiß, dass typischerweise mit Verlagen vorab ein Gesamtseitenumfang für einen Sammelband ausgehandelt wird. Aus Kostengründen kann man da nicht einfach ein paar Seiten mehr einreichen. Bliebe die Frage, weshalb man nicht schlicht die Beiträge online etwa als PDF-Dokumente zur Verfügung stellt und eine Print-On-Demand-Version für diejenigen anbietet, die gerne einen gedruckten Sammelband wünschen.

Mein ursprünglicher Gedanke, einfach eine kürzere Fassung für den Druck zu erstellen und darin auf die frei zugängliche Langfassung im Internet zu verweisen, schien mir inzwischen nicht mehr praktikabel. Ich hatte damit gerechnet, am Ende vielleicht ein oder zwei Seiten über dem Limit zu liegen, aber das erwies sich ganz offensichtlich als Irrtum. Das Thema, das Christian und ich behandeln wollten, ließ sich offenbar nicht im gewünschten Umfang unterbringen – zumindest für mich nicht zufriedenstellend. Auf einige Passagen hätte ich sicher verzichten können, aber über die Hälfte des Inhalts zu streichen, wäre mir wie eine Kastration vorgekommen, wie eine least publishable unit. Damit wird eigentlich das Aufteilen eines großen Beitrags in gerade noch publizierbare Häppchen bezeichnet, um sie in in möglichst vielen verschiedenen Zeitschriften oder Büchern veröffentlichen zu können und so die eigene Liste der Veröffentlichungen anschwellen zu lassen. Die gilt in der Wissenschaft nämlich mitunter als Maß des Erfolgs.

Da ich an dieser Praktik kein Interesse habe, sagte ich die Teilnahme an der Konferenz zunächst ab. Ich konnte bzw. wollte keine Zwölf-Seiten-Kurzfassung liefern, was ich natürlich keinesfalls den Veranstaltern anlasten kann. Es gab die Vorgaben, ich wusste davon. Meinem Mangel an diplomatischem Geschick ist es aber wohl zu verdanken, dass das ganz anders ankam. Es scheint so, als habe ich rübergebracht, Print sei grundsätzlich überflüssig und Konferenzen sowieso Unsinn. Zur Antwort bekam ich, gerade Kritiker außerhalb des Netzes müsse man ja über andere Wege erreichen, da sie im Web nicht zu finden seien. Und das stimmt! Aus dem Grund hatte ich auch zugesagt, als man mir anbot, einen Vortrag auch ohne einen Artikel nach Vorgabe zu halten. Das wird am kommenden Donnerstag sein.

Was bleibt, sind meine Zweifel, was das bringen wird. Auch diese Zweifel beziehen sich nicht speziell auf die #cosci12, sondern ganz allgemein auf das Format, das bei Konferenzen häufig anzutreffen ist: 20 Minuten Frontalvortrag, 10 Minuten Diskussion, nächster bitte. Ohne die konkreten Inhalte zu kennen, soll ich dem Redner zuhören, gleichzeitig die Inhalte durchdenken, direkt im Anschluss offene Fragen klären und schließlich in der verbleibenden Zeit auch noch diskutieren? Selbst von einem „Verfechter klassischer Wissenschaft“ vernahm ich vor einiger Zeit die Frage, was man denn von solchen Konferenzen mitnimmt, was nicht sowieso im Artikel nachzulesen ist. Die gegebene Zeit dort reiche seiner Wahrnehmung nach jedenfalls nicht aus, um die Inhalte zu durchdringen und sich dann angemessen dazu austauschen zu können. Wir werden sehen…

Der besagte Artikel ist übrigens immer noch nicht fertig, aber es steht nun fast eine komplette Rohfassung, der dann noch der Überarbeitung bedarf.