Was Studierende über LdL denken

Gerade eben endete ein Planspiel-Seminar, das ich an der Uni als Blended-Learning-Veranstaltung konzipiert und angeboten habe. Dazu werde ich bei Gelegenheit noch einen längeren Text verfassen.

Ganz interessant scheint es mir aber, vorab schon ein paar Erfahrungswerte zu einem bestimmten Aspekt festzuhalten: Jeder Teilnehmende musste an einem von vier 90-minütigen Präsenzterminen einen 40-Minuten-Block übernehmen, an dem es ein vorab bearbeitetes Thema vorzustellen galt – mittels LdL!

LdL - mit Lego

LdL - mit Lego (Foto: Eduard Wagner)

Die Bedingungen waren gar nicht so gut: Die Studierenden kannten LdL nicht, sondern nur klassische Seminare mit Vorträgen und nachgelagerter Diskussion; entsprechend habe ich Material zur Verfügung gestellt und auch angeboten, bei der Vorbereitung des Termins zu beraten. Etwa die Hälfte hat das wahrgenommen. Selbst habe ich die Methode von Jean-Pol Martin auch noch nicht sooo oft verwendet, so dass ich mich selbst noch als Anfänger bezeichnen würde. Und da ich das Seminar in zwei Gruppen eingeteilt habe und mich natürlich nicht teilen konnte, musste ich mangels Verstärkung beim ersten LdL-Termin zwischen zwei Räumen springen. Nicht schön. Danach haben zwei meiner Kollegen im Wechsel eine der Gruppen übernommen und selbst erste Erfahrungen mit LdL gesammelt. Danke dafür! Hinzu kam, dass jeder Studierende wirklich nur einmal dran war und selbst gar nicht experimentieren konnte, was er oder sie selbst bei einer späteren Sitzung besser machen könnte.

So, und nun sollen aber gar nicht meine Eindrücke zu im Raum stehen, sondern die der Studierenden. Mein Konzept des Seminars sieht nämlich vor, dass jeder am Ende für sich auf einer Textseite seinen persönlichen Lernerfolg reflektiert: Was wollte ich lernen? Was hat sich davon erfüllt? Was war für mich schwierig? Was kann ich jetzt (besser)? Woran will ich künftig arbeiten?

Einige haben explizit ein paar Zeilen zu LdL eingebaut, obwohl Rückmeldung zum Seminar gar nicht vorgesehen war. Ich führe die Passagen einfach einmal unkommentiert und ungeschönt auf…

Feedback Nr. 1
Was ich am Seminar cool fand waren die Seminarvorträge mit der LDL-Methode. Das war echt eine gute Erfahrung und hat mir aus der Sicht beider Seiten (Seminar halten und mitmachen) Spaß gemacht.

Feedback Nr. 2
Zum Anderen waren die Ausarbeitungen und Vorstellungen der Managementtools aufgrund ihrer Interaktivität viel einprägender als die üblichen Monologe bei Standardseminararbeiten.

Feedback Nr. 3
Viele Dinge die man sonst nicht hinterfragt und für gegeben hält – kann man durchaus anders betrachten und Neues ausprobieren. (LdL. Präsentationsformen, usw.) – in der Hinsicht war das Seminar sehr gut.

LdL - mit Mind Map

LdL - mit Mind Map

Feedback Nr. 4
Meine Fähigkeiten im Präsentieren wurden durch die Strategiepräsentation und vor allen Dingen mit der Methode Lernen durch Lehren neue Varianten und Ansätze hervorgebracht. Dies war für Zuhörer und Vortragenden gleichermaßen von Vorteil, da man sich direkt durch die Anwendung des vermittelten Wissens, da selbige beim Anwenden einsetzt und somit gleich festigt. Ich werde dies in Zukunft häufiger einsetzen.

Feedback Nr. 5
Nach eben jener Veranstaltung war ich ziemlich angetan vom Lernen-durch-Lehren- Ansatz. Ich hatte es zuvor nicht für möglich gehalten, dass da so viel drin steckt. Enttäuscht hat mich aber zunächst die konkrete Umsetzung an den Terminen der Seminararbeitsvorstellungen meiner Kommilitonen. Mir schien, als sei nicht allzu viel bei den anderen rumgekommen. Der ein oder andere hat sich zwar noch bemüht, insgesamt war es dann aber doch eher Gewürge als eine Wissensvermittlung – die meisten Termine hätte ich mir wirklich sparen können. Und dann war ich entschlossen, nicht auf den gleichen Pfaden zu wandeln. Aber ich musste sehr schnell merken, dass ich das selber nicht wirklich besser hinbekommen sollte. Meine Vorstellung davon, wie die dreiviertel Stunde ablaufen sollte bewegte sich doch noch ziemlich weit entfernt von der Wirklichkeit. Das Coaching hat mir dabei an vielen Stellen gute Hinweise zur Verbesserung gegeben. Ich fürchte allerdings, dass es den meisten anderen aus meiner Gruppe nicht ganz so ergangen ist, da sich deren Coaching hauptsächlich auf die Inhalte, nicht auf das eigentliche Präsentieren bezog.
Unterm Strich habe ich wohl am meisten über das Präsentieren gelernt – auch Negativbeispiele sind lehrreich. Viele Sachen waren mir gar nicht bewusst, weil es nie verlangt wurde. Ich muss zugeben, mir bei bisherigen Präsentationen herzlich wenig Gedanken gemacht zu haben, wie ich meinem Publikum den Stoff bestmöglich vermitteln kann. Aber das ist ja der eigentliche Sinn und Zweck des Ganzen. Schließlich mache ich das ja nicht für mich, sondern für die anderen. Wie schwierig das sein kann und welcher Vorbereitung das tatsächlich bedarf kann ich jetzt zumindest schon sehr viel mehr erahnen, als zu Beginn des Seminars.

LdL - mit SWOT-Analyse

LdL - mit SWOT-Analyse (Foto: Eduard Wagner)

Feedback Nr. 6
Bei der Vorstellung der Planungsthemen an den Montagen gefiel mir die Methode „Lernen durch Lehren“ sehr gut. Dadurch, dass die einzelnen Themen nicht nur in einer großen Runde vorgetragen wurden, sondern in einer kleinen Gruppe in Form von Gruppenarbeiten und Diskussionen vertieft wurden, ist der Lerneffekt viel größer. Ich habe aus diesem Seminar viel mehr mitgenommen. Der Effekt wäre sicherlich noch größer gewesen, wenn ich es jedes Mal geschafft hätte, vorher die Ausarbeitungen zu lesen, aber dennoch kann ich dieses System der Lehre nur befürworten.

Feedback Nr. 7
Auch muss ich zugeben (ich bin eher vortragsscheu), dass die Strategiepräsentation sehr geholfen hat, sich einen Kopf über eben eine vernünftige Strategie zu machen. Genauso sieht es bei den LdL-Vorträgen aus: Klar haben alle die Ausarbeitung gelesen, aber interaktiv kann man eben Fragen auch besser klären, zumal man ja auch zu der Gruppe gehört, denen man etwas beibringen möchte und es dadurch eher ungezwungener und unproblematischer wird, als wenn jemand vorne steht, der einem auch sonst immer Aufgaben gibt und einfach alle Ausarbeitungen vorträgt. Zudem waren die Themen, die vorgestellt wurden, meiner Meinung nach alle auch sehr Interessant.

polarisiert

Heute war es sehr interessant. Ein Kollege hat seine Vorlesung von den Studierenden evaluieren lassen, und einige Kommentare in den Freitextfeldern waren für mich sehr spannend. Ich wurde darin nämlich ein paar Male erwähnt.

Die Erklärung dafür ist schnell gegeben: Ich habe meinen Kollegen etwa zur Hälfte des Semesters an einem Termin vertreten. Ein wenig verwundert war ich dennoch darüber, dass gleich mehrere darauf eingegangen sind und mich offenbar noch im Gedächtnis hatten. Wirklich erstaunt war ich aber über die Bandbreite der Bemerkungen.

Für einen war ich einfach nur ätzend, für einen anderen der Aushilfslehrer, der sich nicht einmal vorgestellt hat – das habe ich anscheinend im Eifer des Gefechts vergessen, in der Tat nicht schön. Lerneffekt. Aus Sicht eines weiteren Studierenden habe ich aber die beste Veranstaltung im ganzen Semester abgeliefert, für jemand anderes war es endlich mal weniger abstrakt, dafür praktisch und anschaulich.

Was fange ich denn jetzt damit an? Allen kann man es ja bekanntlich nicht recht machen, aber ätzend?

Was soll ich nun davon halten?

Wissenschaftler freuen sich, wenn sie von anderen zitiert werden. Das zeigt ihnen, dass ihre Ideen Anklang finden. Wenn man dann auch noch bekannten Größen zitiert wird, freut man sich vielleicht sogar noch ein bisschen mehr. Und genau das ist mir gerade passiert. Ich fand in einem Aufsatz von Oliver Gassmann (recht bekannter Professor in St. Gallen) einen Verweis auf einen meiner Artikel:

For example in sociology science, the percentage of coauthored articles almost quintupled in the last 70 years (Hunter and Leahey 2008). Comparable trends were observed in political science (Fischer et al. 1998), physics (Braun et al. 1992), and economics (Maske et al. 2003). Studies even show that authors with a high impact factor are those who collaborate widely with others, form strong alliances, and are less likely to be bonded to a certain in-group (Pike 2010, Tacke 2010).

(Gassmann et al. 2011, S. 7-8)

Toll. Aber sehen wir uns mal meinen eigenen Text an (die Quellenformatierung habe ich dem obigen Beispiel angepasst, damit der Vergleich einfacher wird):

In fact, within the last decades, collaboration in science has become more common in various disciplines and has been explored empirically. Hunter and Leahey examined trends in collaboration over a 70 year period, using a random sample of articles that were published in two top sociology journals (Hunter and Leahey 2008). They discovered that between 1935 and 1940 only 11% of the observed articles were coauthored, whereas between 2000 and 2005 this was true for almost 50%. This increase in collaborative research is consistent with previous findings from sociology (Moody 2004), economics (Maske et al. 2003), political science (Fisher et al. 1998), physics (Braun et al. 1992) and behavioral ecology (Pike 2010). Within the latter field, using Hirsch’s h-index for quantifying scientific research output, Pike examined connections between collaboration and impact (Pike 2010, Hirsch 2005). Results show that authors with a high scientific impact are those who tend to collaborate widely with others, those who form strong bonds with collaborators, and those who are less likely to be part of a clique.

(Tacke 2010, S. 37-38)

Erstaunliche Ähnlichkeit, oder? Wäre das eine studentische Arbeit, die ich zu prüfen hätte, würde ich wohl mutmaßen: Da hat vermutlich jemand die Originalquellen gar nicht zur Hand gehabt, sich der Ausarbeitung eines anderen bedient und das dann ein bisschen umgeschrieben.

Doch schauen wir weiter, ich werde nochmals zitiert:

Many universities started to offer public lectures or courses with the goal in mind to bring science and research closer to society and to market scientific findings. Most of the public lectures are streamed online and thus are globally available (Tacke 2010).

(Gassmann et al. 2011, S. 10)

Während man den ersten Satz durchaus vergleichend meinen Text gegenüberstellen kann, passt der zweite nicht so richtig. Ich habe in meinem Aufsatz von öffentlichen Seminaren gesprochen, aber nicht von Vorlesungen (im engeren Sinne) und schon gar nicht vom Streaming derselben.

Es könnt nun jemand auf die Idee kommen, mich zum Streamen von Vorlesungen zu zitieren – immerhin ist das ein schönes Beispiel, anhand dessen ich Studierenden zeigen kann, warum man nicht einfach fremde Zitate übernehmen sollte, sondern besser in die Originalquellen schaut.

Was soll ich nun davon halten?